Zum Stück „Ein idealer Gatte“ (2014)

Ein idealer Gatte markiert den Höhepunkt in Wildes Schaffen. Nach Lady Windermeres Fächer und Eine Frau ohne Bedeutung überzeugte Wilde ein drittes Mal im Genre der Gesellschaftskomödie, das er zu seiner Zeit unangefochten dominierte. Die Uraufführung am 3. Januar 1895 im renommierten Londoner Theatre Royal wurde von Publikum und Presse euphorisch gefeiert. Die Kritik lobte „die subtile und durchdringende Leichtigkeit“ des Stücks (Bernard Shaw).

In Ein idealer Gatte thematisiert Wilde „das System der modernen politischen Finanz“, also die Verflechtung zwischen Politik und Kapital. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich ein rasantes Spiel aus kaltblütiger Erpressung, enttäuschter Liebe und alten Feindschaften.

Sir Robert Chiltern (Urs Kälin), ein Gentleman, der „die Moral zurück in die Politik“ gebracht hat, droht über eine alte Affäre zu stolpern. Die verschlagene Laura Cheveley (Nicole Fonberg) kennt das schmutzige Geheimnis seines Erfolgs und erpresst ihn mit einem ominösen Brief. Ihre Forderung: Er muss ein Milliardenprojekt durchs Parlament bringen, von dem er weiss, dass es ein fauler Betrug ist. Seine Frau und Lauras ehemalige Schulkameradin, Gertrude (Katharina Linhart), vergöttert ihn so, dass jeder Fleck auf seiner Weste ihre Liebe zu ihm erschüttern würde – ganz im Sinne Lauras, für die Neid ein ebensogutes Motiv ist wie Geld. Doch dann kommt Arthur Goring (Jan Hiss) ins Spiel. Wortgewandt, stets elegant gekleidet und jeder „sinnvollen“ Beschäftigung fremd verkörpert er in höchstem Masse das Ideal des Dandys. Umworben von Roberts attraktiver Schwester Mabel (Diane Delacroix) und Laura Cheveley, hält er unverhofft den Schlüssel zu Roberts Problemen in der Hand. Doch kann ein Dandy einen gestandenen Gentleman aus seiner Lebenskrise befreien, ohne sich dabei selbst in Widersprüche zu verwickeln?

Mit Ein idealer Gatte ist Wilde ein Meisterwerk gelungen, das in amüsantem Plauderton – gepfeffert mit einer Plejade bissiger Pointen – die viktorianische Gesellschaft und ihre selbstzerstörerischen Rituale porträtiert. die dramateure verlegen die Handlung mit einer sanften Aktualisierung des Textes in die Gegenwart. Es sei dem Zuschauer überlassen, ob er darin Bekanntes wiederfindet.

In weiteren Rollen: Lady Markby (Susanne Popp), Phipps (Géza Mórocz)

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